Freitag, 30. September 2016

Sven Scholander (1860 – 1936)

Der schwedische Musiker, Komponist und Bildhauer begann 1891, als Sänger und Lautenspieler in Skandinavien, Deutschland und anderen europäischen Ländern aufzutreten, wobei Bellman-Lieder einen großen Teil seines Repertoires ausmachten (ca. 60 Epistlar, Sånger u.a.). Er ließ durch seine mehr schauspielerische Vortragsweise und eigene Begleitung auf der Laute die Tradition der Troubadoure wieder aufleben und näherte sich damit der ursprünglichen Art Bellmans an. Unterdessen waren Kunstgesang, Männerchor- und Instrumentalarrangements üblich gewesen. Er feierte große Erfolge mit seiner ganz eigenen Art der Interpretation und bahnte vielen nachkommenden Sängergenerationen dadurch den Weg: Birger Sjöberg, Evert Taube u.a.



Seine rege Konzerttätigkeit führte ihn durch Deutschland (u.a. nach Berlin, wo er auch für Kaiser Wilhelm II. auftrat, den er mit seiner Musik begeisterte), nach Österreich (Wien) und in die Schweiz (Aarau, Baden). Außer den Liedern von Bellman sang er Volks- und Kunstlieder des jeweiligen Landes und komponierte auch Melodien zu Gedichten deutscher Dichter wie Baumbach, Körner und von Liliencron und der schwedischen Dichter Gustaf Fröding und Dan Andersson.

Wahrscheinlich war Scholander der erste, der dem Werk Bellmans im deutschsprachigen Raum zu größerer Bekanntheit verhalf. In der Zeit seiner Auftritte in Deutschland (1891 bis 1930) wurden auch weitere Übertragungen der Bellman-Lieder ins Deutsche veröffentlicht: von Hanns von Gumppenberg und von Felix Niedner, der sein Buch im übrigen Sven Scholander widmete (beide 1909). Niedner schrieb außerdem 1905 eine Biografie Bellmans.

Nach eigener Aussage leitete Scholander seine Bellman-Interpretation vom Dichter selbst ab. Im Hause seiner Großeltern mütterlicherseits habe der ”Alte Raab” verkehrt, der Bellman selbst noch singen gehört habe. Axel Raab, 1793 geboren, mag seine Art zu singen wohl nicht von Bellman selbst, aber möglicherweise  von Sängern gelernt haben, die den Dichter noch persönlich erlebt hatten.

Scholanders Art des Vortrags, die weniger von kunstvollem Gesang als von Dramatik geprägt war, soll auch der Anfang des 20. Jahrhunderts in Berlin entstehenden Szene des literarischen Kabaretts einen wichtigen Impuls gegeben haben. Tucholsky, Klabund, Brecht, Weill und Eisler seien hier genannt.

Die Aufnahme deutscher Volkslieder in seine Konzertprogramme traf genau in die Zeit der wiederauflebenden Volksliedkultur in Deutschland. Die Wandervogel-Bewegung nahm 1896 ihren Anfang. Das Liederbuch „Zupfgeigenhansl” erschien erstmals ebenfalls 1909.
Scholander gab 1909 bis 1912 in einer Reihe von 10 Heften im deutschen Verlag Breitkopf & Härtel Notenbücher mit Liedern aus seinem Repertoire heraus. Nur ein Bellman-Lied fand sich allerdings darin: Tageserwachen – Morgonstämning.
Auch für die Wiederbelebung des Lautenspiels war er prägend.

Ein Zitat zu seinem Wirken aus der deutschen Zeitschrift "Die Musik" von Juni 1926: 
„ROSTOCK: Die deutsch-schwedische Vereinigung hatte Sven Scholander, den Begründer und Förderer der modernen Lautenkunst, zu einem Vortragsabend eingeladen. In weißem Haar, aber in jugendlicher Lebhaftigkeit sang und spielte er schwedische und deutsche Lieder ernster und heiterer Art. Von besonderem Wert waren die von ihm vertonten Gedichte des jung verstorbenen Schweden Dan Andersson. Den Abschluß machten drei Bellman-Lieder. Durch kurze Vorbemerkungen führte Sven Scholander die Zuhörer zum vollen Verständnis der köstlichen kleinen Meisterwerke, die seine unübertreffliche Vortragskunst lebendig werden läßt.”

Links zu zwei Kostproben seiner Kunst auf Youtube:
- Drei Lieder (das 3. ist Fredmans Epistel 9)
- Fredmans Sång 27 (Aufnahme von 1921)

Freitag, 23. September 2016

Joseph Martin Kraus (1756 – 1792)

In Miltenberg geboren, in Buchen (Odenwald) aufgewachsen, ging Kraus 1778 nach Schweden. Nach anfänglicher Durststrecke gelang ihm 1781 mit seiner Oper „Proserpin“ der Durchbruch, und er wurde am Hof als zweiter Kapellmeister angestellt. König Gustav III., der auch Bellman förderte, schickte ihn 1782 zum Kennenlernen der Theater auf eine Reise durch Europa.

Zurück in Schweden wurde er 1787 Kapellmeister und Direktor der Königlichen Musikakademie, wo ihm neben Komposition neuer Werke auch die Neuordnung des Musik- und Theaterwesens oblag.

Er war mit Bellman befreundet und komponierte u.a. auch Musik zu dessen Werken (s.a. Blog vom 16.9.).

Bellman widmete ihm im Jahr 1790 Fredmans Epistel 75:
Lachet, Kinder! Lachet, Brüder!
Wer von euch erkennt ihn wieder,
der dort ernst und bieder
spannt den Dulcian?“
(Übers.: Klaus-Rüdiger Utschick)


Denkmal in Miltenberg

Kraus ist am See Brunnsviken, nördlich von Stockholm begraben.

Sein Nachlass wird von der Internationalen Joseph Martin Kraus-Gesellschaft betreut und erforscht. An ihrem Stammsitz, seinem Elternhaus in Buchen, richtet sie am 26. November 2016 den Joseph Martin Kraus-Tag aus.
s.a. Link zur Website der Joseph Martin Kraus-Gesellschaft e.V.

Freitag, 16. September 2016

Bellmans Werke

Von Carl Michael Bellmans Werken sind in Deutschland vor allem Lieder aus diesen beiden Büchern bekannt:
Fredmans Epistlar (Episteln, erschienen 1790) und
Fredmans Sånger (Lieder/Gesänge, 1791).


Die schwedische Bellmangesellschaft hat von 1921 bis 2003 sein Gesamtwerk in 19 Bänden + 1 Registerband herausgegeben (Standardupplagan – StU – s.a. meinen Blog vom 17.6.2016), wovon die 2 Bände mit den Episteln und den Gesängen eben nur einen kleinen Teil ausmachen. Nicht alles ist zu Musik gedichtet, und manche Melodie auch verlorengegangen, aber es gibt noch einen Schatz an Liedern, der in Deutschland bisher nur teilweise gehoben wurde.

Ziemlich bekannt ist noch das Wiegenlied: Lilla Charles, sov sött i frid (Kleiner Karl, schlaf süß, in Fried, StU 10, 29). Es liegt in deutscher Übertragung von Ulrich Hermann, Klaus-Rüdiger Utschick und Jörg Hensel vor.

Drei Singspiele aus den Zyklen Bacchi Orden und Bacchi Tempel hat Klaus-Rüdiger Utschick übersetzt und in Einzelbändchen mit Noten herausgegeben:
Trauerzeremoniell für den Branntweinbrenner Lundholm“ ist ein Teil von „Bacchi Orden“ (StU 4, 10). Derselbe Lundholm begegnet uns auch in Fredmans Sånger (z.B. S06). Daraus haben wir „Bacchus liest Messe“  in unser Bellman-Liederbuch aufgenommen.
Bacchi Tempel, geöffnet beim Tod des Korporals und Orden-Oboisten Vater Mowitz“ (StU 5, 1) enthält so manchen „Hit“: „Wer kennt wohl unsren Bruder nicht“, „Leise die Welle rauscht“, „Fort, was uns unwohl tut“ und das Lied des Åwall: „Leer ist die Flasche“, das Reiner Panitz* im Februar bei seinem Konzert auf Burg Waldeck gesungen hat.
Das „Bacchusfest“, ebenfalls aus dem Zyklus „Bacchi Orden“ (StU 4, 15), kam 2003 in Wismar bei den Bellman-Festtagen als „Lesung mit verteilten Rollen“ konzertant zur Aufführung.

Die Lieder „Gustafs Skål“ (StU 7, 9) und „Mozarts Död“ (StU 11, 56) seien noch genannt, die auch in deutscher Fassung vorliegen. Die Melodie zu letzterem stammt von Joseph Martin Kraus, dem deutsch-schwedischen Komponisten, der auch Bellmans Kantate „Fiskarstugan“ (Die Fischerhütte) vertont hat (StU 6, 10).

Es gibt also noch einige Werke Bellmans, die darauf warten, in Deutschland bekannter zu werden.
Adolf von Winterfeld hatte bereits 1856 nicht nur Epistlar und Sånger übersetzt, sondern auch aus Bacchi Orden und Bacchi Tempel (gesamt). Später konzentrierten sich die Nachdichter fast immer nur auf die beiden Hauptwerke.

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* in der Übersetzung von Adolf von Winterfeld